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28. Oktober 2025 | 15:22 Uhr
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Gerichtsverfahren um Reisebüro-Hinweispflichten geht weiter

Vor dem Amtsgericht Nordhorn fand am Montag die mündliche Verhandlung im Prozess gegen ein Reisebüro statt, das im März 2024 Einzelleistungen des später in die Pleite gerutschten Veranstalters FTI vermittelt hatte. Der Prozess dreht sich um die Frage, ob das Reisebüro vor der finanziellen Schieflage hätte warnen müssen. Das Urteil dürfte weitreichende Folgen haben.

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In den Zeugenstand des Verfahrens war VUSR-Chefin Marija Linnhoff berufen worden. Sie war von den klagenden Kunden kontaktiert worden, die nach der FTI-Pleite keinen Anspruch auf eine Erstattung ihrer für die Reise gezahlten Gelder durch den DRSF haben, da es sich um Einzelleistungen handelte.

Der Prozess mit dem Aktenzeichen 3C484/24 dreht sich um eine Hotelbuchung in Venedig. Ein langjähriger Stammkunde des beklagten Büros hatte zehn Tage in einem Hotel in Venedig für sich und seine Ehefrau gebucht. Wenige Tage vor dem geplanten Abflug am 6. Juni teilte das Reisebüro dem Kunden mit, dass seine Buchung hinfällig sei. Daraufhin forderte er von diesem die Summe von 2.000 Euro ein, die er für die Buchung eines Ersatzhotels zu zahlen hatte.

Wer hätte was wissen müssen?

Im Kern wurde nun verhandelt, ob das Reisebüro im März über die finanzielle Schieflage von FTI informiert sein und seine Kunden hätte warnen oder zur Buchung einer Pauschalreise raten müssen. Dass Linnhoff im Zeugenstand auftrat, ist vor allem deshalb interessant, weil sie bereits im Februar in Statements gegenüber der Fach- und Publikumspresse vor Risiken bei FTI gewarnt und eine Offenlegung der finanziellen Situation des Konzerns gefordert hatte. Diese erfolgte bekanntlich erst am 3. Juni – dem Tag der Pleite.

Wer also hätte vor dem Crash eine Warnung geben müssen? Das Reisebüro, das einer großen Kette angehört, deren Zentrale oder gar ein Verband wie der DRV? Letzterer hatte laut Gericht bekundet, nicht vor FTI-Risiken gewarnt zu haben – wohl aus Sorge, damit eine unerwünschte Kettenreaktion zu befeuern. Zudem hieß es aus Verbandskreisen immer wieder, man sei ein Branchenverband und kein Kontrollorgan. Eine vorschnelle Warnung, sei es seitens eines Reisebüros, einer Kette oder eines Verbandes, könnte nicht zuletzt rechtliche Konsequenzen haben, falls der betroffene Reiseanbieter davon erfährt und eine geschäftliche Schädigung geltend macht.

Weitreichende Konsequenzen

Gleichwohl dürfte das Thema zumindest hinter den Kulissen in Verbandsgremien und innerhalb der großen Vertriebsorganisationen diskutiert worden sein. Rückblickend ist zudem klar, dass Reisebüros gut beraten gewesen wären, Kunden von einem bestimmten Zeitpunkt an, ausschließlich FTI-Pauschalreisen zu vermitteln, weil immerhin ihre Zahlungen dann im Insolvenzfall abgesichert gewesen wären. Klar ist indes auch, dass man "hinterher" immer schlauer ist.

Umso brisanter dürfte der Ausgang des Verfahrens sein. Sollten die Kläger Recht bekommen, wäre nicht nur eine Klagewelle zu erwarten, sondern eine auch Intensivierung der Debatte darum, welche Informations- und Hinweispflichten Reisemittler gegenüber der Kundschaft erfüllen müssen. Würde die Klage abgewiesen, so stünde wohl noch ein weiteres, inhaltlich ähnliches Verfahren vor dem Amtsgericht Bad Homburg an, das es abzuwarten gilt. Denn bekanntlich urteilen Richter in vergleichbaren Verfahren nicht immer identisch.  

Dem Vernehmen nach sollen Kläger und Beklagte einen vom Richter des Amtsgerichts Nordhorn vorgeschlagenen Vergleich abgelehnt und für den Fall einer Niederlage Berufung angekündigt haben. Das Urteil wird für den 13. November erwartet.

Christian Schmicke

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